Künstliche Intelligenz für IAM

Dieser Expertenbericht ist eine Fortführung unseres Berichts "IAM für KI" vom Mai 2025. Hierbei betrachten wir mit dem Thema "KI für IAM" genau das gegenteilige im Zusammenspiel dieser zwei Themen: 

Welche Unterstützung bietet KI für IAM?

Künstliche Intelligenz (KI) hat sich in den letzten Jahren zu einem entscheidenden Treiber für die Weiterentwicklung von Identity & Access Management (IAM) entwickelt. Während klassische IAM-Systeme vor allem regelbasiert arbeiten und stark von manuellen Prozessen abhängig sind, ermöglicht KI eine neue Dimension: Systeme, die lernen, Muster erkennen, Risiken vorhersagen, das System weiterentwickeln und automatisiert Entscheidungen vorbereiten oder sogar ausführen. 

KI entlastet die IAM-Fachstelle bei Aufgaben, die bisher zeitaufwendig, fehleranfällig und wiederholend waren. Dazu gehören insbesondere die Analyse von Berechtigungen, die Erkennung von Anomalien oder die automatische Klassifizierung von Benutzerrollen. Statt dass Experten manuell komplexe Zugriffsrechte prüfen, bewertet eine KI kontinuierlich Zugriffsanfragen, Risiken und Compliance-Anforderungen. Das Ergebnis: Weniger operative Last, mehr Fokus auf strategische Steuerung. 

KI bringt zudem Geschwindigkeit und Konsistenz in Bereiche, die traditionell fragmentiert sind – insbesondere, wenn Organisationen mit Hunderten oder gar Tausenden von Applikationen, Systemen und Identitäten arbeiten. Damit wird IAM von einer reinen Kontrollfunktion zu einem proaktiven, intelligenten Steuerungsinstrument. 

Konkrete Use Cases

Automatisierung fachlicher Aufgaben

Viele IAM-Aufgaben sind standardisiert, wie das Anlegen von Konten, das Update mehrerer Datensätze parallel oder das Anpassen von Rollen. Ein KI-Assistent übernimmt diese Tätigkeiten automatisiert und entlastet die IAM-Fachstelle erheblich. Gleichzeitig reduziert er die Fehlerquote, da Entscheidungen auf Mustern und Regeln basieren, die konsistent angewendet werden. 

Genehmigungen und Rezertifizierungen

Ein besonders sensibler Bereich ist die Vergabe von Berechtigungen. KI kann Anfragen auf Plausibilität prüfen, historische Muster analysieren und Empfehlungen für Genehmigungen vorbereiten oder gar selbständig bewilligen. Bei Rezertifizierungen hilft der Assistent, unnötige Berechtigungen zu identifizieren und automatisch zur Entziehung vorzuschlagen, ohne dass der Führungskraft oder der Owner alles manuell sichten müssen. 

Erkennung und Reaktion auf identitätsbasierte Bedrohungen

KI kann ungewöhnliche Aktivitäten sofort erkennen – etwa wenn ein Benutzerkonto plötzlich aus einem ungewohnten Land auf sensible Systeme zugreift. Der Assistent reagiert automatisch, sei es durch Eskalation, temporäre Sperrung oder konkrete Handlungsempfehlungen. Auf diese Weise entwickelt sich das IAM-System von einer reinen Kontrollinstanz zu einem aktiven Bestandteil der Sicherheitsarchitektur. Bereits heute kommen solche Mechanismen im Customer IAM zum Einsatz.  

Durch den gezielten Einsatz von KI lässt sich dieses Niveau jedoch weiter steigern, indem sich aus bestehenden Regulierungen wie ISMS auf Basis von ISO 27001NIS2TISAX oder SOX direkte Richtlinien ableiten lassen. Potenzielle Abweichungen können nahezu in Echtzeit erkannt und priorisiert werden, sodass die KI im IAM-System automatische Korrekturmaßnahmen anstößt. Unternehmen sind dadurch in der Lage, regulatorische Anforderungen nicht nur einzuhalten, sondern Compliance-Prozesse insgesamt deutlich effizienter und vorausschauender zu gestalten. 

Dashboards und Audits

Ein KI-gestütztes Dashboard bietet nicht nur statische Reports, sondern analysiert Datenströme dynamisch. Für Audits können Anomalien, Zugriffsverläufe und Compliance-Reports automatisch zusammengestellt werden. So haben sowohl Auditoren als auch das Management jederzeit transparente, aktuelle Informationen. Der Bau von Dashboards wird nicht mehr Monate in Anspruch nehmen, die Stakeholder formulieren ihre Wünsche und kriegen auf Knopfdruck visualisierte Daten mit den passenden Erkenntnissen. 

Integration von Applikationen und Systemen

In modernen IT-Landschaften existieren tausende Anwendungen, die miteinander verbunden sein müssen. Ein KI-Assistent erleichtert die Integration, indem er Schnittstellen automatisch erkennt, Konnektoren vorschlägt und Konfigurationsschritte selbstständig ausführt. Dadurch beschleunigt sich der Onboarding-Prozess neuer Systeme erheblich. Eine Ausweitung auf weitere Konfigurationsmöglichkeiten ist ebenfalls denkbar. 

Vorteile einer vermehrten KI-Nutzung

Die Vorteile einer stärkeren Nutzung von KI im Identity & Access Management sind vielfältig. Vor allem entsteht eine deutlich höhere Arbeitsgeschwindigkeit, da Aufgaben, die früher Tage oder Wochen beansprucht haben, nun innerhalb von Minuten oder gar Sekunden erledigt werden können. Gleichzeitig lassen sich Kosten reduzieren, weil weniger manuelle Ressourcen notwendig sind und teure Fehlerkorrekturen vermieden werden. Auch die Zuverlässigkeit steigt erheblich, da KI-gestützte Systeme konsistent arbeiten und nicht von menschlicher Ermüdung oder subjektiven Einschätzungen abhängig sind. 

Darüber hinaus verbessert KI die Skalierbarkeit des IAM. Selbst komplexe Multi-Cloud-Umgebungen mit global verteilten Organisationen können effizient verwaltet werden, ohne dass zusätzliche Teams aufgebaut werden müssen. Schließlich ermöglicht die proaktive Sicherheit durch KI, Risiken frühzeitig zu erkennen und abzuwehren, anstatt nur auf Vorfälle zu reagieren. Damit wird IAM nicht nur effizienter, sondern entwickelt sich zu einem zentralen Bestandteil der Unternehmenssicherheit und zu einem wichtigen strategischen Faktor. 

Auswirkungen auf das eingesetzte Personal

Mit der stärkeren Einbindung von KI in IAM-Systeme verändert sich auch die Rolle des Personals erheblich. Gerade fachliche Routineaufgaben wie Bulk-Loads oder die Prüfung von Rollen fallen zunehmend weg, da diese Prozesse durch intelligente Systeme automatisiert ablaufen. Dadurch verschiebt sich der Fokus der Mitarbeitenden in einer IAM-Fachstelle von repetitiven Tätigkeiten hin zu komplexen Ausnahmefällen, strategischen Entscheidungen und der Steuerung der KI-gestützten Systeme. 

Das hat weitreichende Folgen: Experten werden künftig weniger Zeit mit manuellen Kontrollen verbringen, sondern verstärkt ihre Fachkenntnisse in die Ausgestaltung von Richtlinien und die Überwachung von Anomalien einbringen. Gleichzeitig entstehen neue Anforderungen an die Skills der Mitarbeiter. Neben klassischem IAM-Know-how werden Kenntnisse in Datenanalyse, im Umgang mit KI-Systemen und im Training oder Monitoring von Algorithmen zunehmend wichtiger. Unternehmen sind daher gut beraten, frühzeitig in Weiterbildung und Kompetenzentwicklung zu investieren, um das Potenzial von KI im IAM vollständig ausschöpfen zu können. 

Alles beginnt mit der IAM Richtlinie

Damit der Einsatz von KI im Identity & Access Management erfolgreich ist, braucht es klare Rahmenbedingungen. Um die Leitplanken dazu abzustecken, wird man die IAM Richtlinie ergänzen müssen. Vielleicht möchte man den Einsatz in sensiblen Bereichen wie dem Privileged Access Management nicht einer autonomen KI übergeben und noch manuell eingreifen. Weiter müssen die Verantwortlichkeiten neu gedacht werden.  

Transparenz ist dabei ein zentrales Prinzip. Nutzer und Auditoren müssen jederzeit nachvollziehen können, wie eine KI-gestützte Entscheidung zustande gekommen ist. Nur so entsteht Vertrauen in das System und seine Empfehlungen. Darüber hinaus empfiehlt es sich, KI-gestützte Funktionen schrittweise einzuführen. Ein kontrollierter Start mit klar abgegrenzten Use Cases schafft die notwendige Erfahrung und ermöglicht es, Prozesse und Policies sukzessive nachzujustieren.

Sind systemübergreifende Geschäftsrollen im IAM nun überflüssig?

Geschäftsrollen bleiben im IAM zunächst relevant, werden mit zunehmendem Einsatz von KI jedoch wahrscheinlich an Bedeutung verlieren. Während sie heute Transparenz und Struktur für Administration und Audits liefern, ermöglichen KI-gestützte Systeme dynamische, kontextbasierte Entscheidungen in Echtzeit – etwa durch Analyse von Nutzungsverhalten, Risiko und Situation. In der Praxis wird es daher eine Übergangsphase mit Koexistenz geben: Rollen dienen weiterhin als Orientierung und für regulatorische Zwecke, gleichzeitig reduziert KI deren Umfang und ersetzt sie schrittweise durch flexiblere, risikobasierte Berechtigungsmodelle. 

Fazit: Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Geschäftsrollen nicht mehr benötigt werden 

Zukunft von IAM mit KI

Die Rolle von KI im Identity & Access Management wird in den kommenden Jahren weiter stark wachsen. Während heute einzelne Prozesse unterstützt werden, ist langfristig ein hochautomatisiertes IAM denkbar, in dem KI Entscheidungen vorbereitet oder sogar eigenständig trifft. 

Regulatorische Anforderungen werden dafür sorgen, dass Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Governance im Vordergrund bleiben. Gleichzeitig wird sich das Berufsbild im IAM immer stärker hin zu einem KI-Orchestrator entwickeln: Menschen, die weniger operativ, dafür mehr steuernd und überwachend tätig sind. Dafür sind andere Skills notwendig. 

Langfristig könnte KI das IAM von einer Kontrollinstanz in ein intelligentes Steuerungssystem für digitale Identitäten transformieren – mit direktem Einfluss auf Sicherheit, Compliance und Effizienz der gesamten Organisation. 

Welche IAM Hersteller setzen bereits auf KI Unterstützung?

  • BeyondTrust setzt seinen Schwerpunkt auf Privileged Access Management und erweitert dieses durch Identity Threat Detection & Response zur schnellen Erkennung von Angriffen. 
  • Imprivata adressiert primär den Gesundheitssektor und nutzt KI, um Compliance und Zugriffsprozesse effizienter zu gestalten. 
  • Microsoft bietet mit Entra und Azure AD eine sehr breite Plattform, in der KI tief integriert für risikobasierten Zugriff, Bedrohungserkennung und Governance eingesetzt wird. 
  • Nexis differenziert sich durch seinen klaren Fokus auf Analytics, mit denen Rollen, Berechtigungen und Risiken datengetrieben optimiert werden. 
  • One Identity kombiniert IAM, PAM und IGA und nutzt KI vor allem für automatisierte Rollenmodellierung und effizientere Rezertifizierungen. 
  • Ping Identity ist stark im Bereich Customer IAM und setzt KI für Betrugserkennung, adaptive Authentifizierung und Risikoscoring ein, um Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit auszubalancieren. 
  • Saviynt schließlich versteht sich als Cloud-native Plattform und nutzt KI-gestützte Assistenten für Policy, Compliance, Integration und Bedrohungserkennung, speziell optimiert für komplexe Multi-Cloud-Umgebungen. 

Dieser Bericht beruht auf Expertenwissen, für die Ausformulierung wurde Hilfe von KI in Anspruch genommen. 

Autor:

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