Identity & Access Management (IAM) beschreibt die Gesamtheit aller Prozesse und Technologien zur Verwaltung digitaler Identitäten und der zugehörigen Berechtigungen, sowie zur Steuerung und Absicherung des Zugriffs auf Anwendungen, Systeme und Daten. Ziel eines IAM-Systems ist es, sicherzustellen, dass nur berechtigte Personen oder Systeme Zugriff auf relevante Daten und Anwendungen erhalten – und dass dieser Zugriff über geeignete Authentifizierungs- und Autorisierungsverfahren geregelt wird.
Angesichts zunehmender Digitalisierung, regulatorischer Anforderungen wie ISO27001, TISAX, DORA oder SOX, sowie der wachsenden Angriffsfläche durch SaaS-Lösungen und hybride IT-Landschaften gewinnt IAM zunehmend an Bedeutung.
Dieser Artikel zeigt, wie modernes Identity & Access Management zur unsichtbaren Schaltzentrale digitaler Sicherheit wird – von den Grundlagen über Best Practices bis hin zu den neuesten Trends und Tools, die Unternehmen zukunftssicher machen.
Warum IAM wichtig ist
Identity & Access Management ist in der digitalen Welt das, was der Schiedsrichter im Fußballspiel ist: unverzichtbar für Ordnung, Fairness und Sicherheit. IAM entscheidet, wer wann und unter welchen Bedingungen Zugriff auf welche Systeme und Daten erhält – so wie der Schiedsrichter über Foul oder Vorteil bestimmt.
Und wie auf dem Spielfeld gilt auch in der IT: Je weniger man den Schiedsrichter spürt, desto besser macht er seinen Job. Ein gut funktionierendes IAM sorgt für Sicherheit, ohne im Tagesgeschäft zu stören.
Damit wird klar: IAM ist nicht nur ein technisches Werkzeug, sondern ein strategisches Fundament für Unternehmenssicherheit.
Grundprinzipien von IAM
Um die Rolle eines klassischen IAM in der Praxis zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf drei zentrale Funktionssäulen:
Berechtigungsmanagement (Access): Zuweisung und Entzug von Berechtigungen basierend auf organisatorischen Regeln, Geschäftsrollen und technischen Richtlinien, einschliesslich Authentifizierung und Autorisierung.
Governance, Protokollierung & Nachvollziehbarkeit: Alle Identitäts- und Berechtigungsprozesse werden überwacht und dokumentiert, um Anforderungen an Audit und Compliance mittels Rezertifizierung, Richtlinien- und Risikoanalysen (Segregation of Duties), Reportings zu erfüllen.
Verbreitete Plattformen wie Microsoft Entra ID übernehmen diese Aufgaben im Standardumfang, stossen jedoch bei komplexen Unternehmensstrukturen oder Governance-Integration häufig an funktionale Grenzen im Vergleich zu spezialisierten IAM-Suiten.
Vorteile von IAM für Unternehmen
Diese Grundprinzipien zahlen sich in der Praxis mehrfach aus, denn ein gut implementiertes IAM bringt zahlreiche Vorteile mit sich:
Unterschied IAM, IAG und ISPM
Während IAM den technischen Teil der Identitäts- und Berechtigungssteuerung abbildet, ergänzt Identity Governance & Administration (IGA) die organisatorische Ebene: mit Workflows, Richtlinienkontrolle, automatisierter Rezertifizierung und Reporting. Ergänzend dazu etabliert sich Identity Security Posture Management (ISPM) als dritte Säule: Es analysiert laufend, ob bestehende Berechtigungen noch regelkonform und sicher sind, visualisiert Risiken und priorisiert Handlungsbedarf. IAM, IGA und ISPM bilden gemeinsam eine integrierte Sicherheitsarchitektur und werden oftmals auch in ähnlichem Zusammenhang genannt. Die Überschneidungen sind naturgemäss gering.
IAM Best Practices
Wie lässt sich IAM erfolgreich umsetzen? Ein nachhaltiger Aufbau von Identity & Access Management beginnt nicht mit der Technik, sondern mit einem klar strukturierten Vorgehen. Der erste Schritt sollte immer ein grundlegendes IAM-Assessment sein, bei dem bestehende Prozesse, Schwachstellen, Risiken und regulatorische Anforderungen analysiert werden. Dieses Assessment legt die Basis für eine realistische Zieldefinition und eine priorisierte Roadmap.
Darauf folgt die Erarbeitung einer IAM-Richtlinie als Teil der Unternehmenssicherheitsstrategie – häufig auch eingebettet in das übergeordnete ISMS. Diese Richtlinie legt Verantwortlichkeiten, Rollenmodelle, Rezertifizierungszyklen und Governance-Vorgaben verbindlich fest.
Im nächsten Schritt geht es um die Prozessmodellierung: Eintritt, Übertritt, Austritt (Joiner–Mover–Leaver), Rezertifizierungen, Ausnahmeverfahren und Notfallzugriffe müssen sauber und automatisiert abgebildet werden.
Erst auf dieser Grundlage empfiehlt sich die Auswahl und Einführung einer passenden IAM-Plattform. Dabei sollten Kriterien wie Schnittstellenvielfalt, Automatisierungsfähigkeit, Erweiterbarkeit und Compliance-Unterstützung im Vordergrund stehen.
IAM Tools & Lösungen auf dem Markt
Sind Prozesse und Richtlinien definiert, kommt die Wahl der Plattform ins Spiel. Es gibt eine Vielzahl von IAM-Tools: von spezialisierten Open-Source-Lösungen bis zu umfassenden Plattformen für Enterprise-Umgebungen. Anbieter wie Microsoft (Entra ID), One Identity, Opentext, Beta Systems, ClearSkye oder Saviynt bieten breite Funktionalität, teils kombiniert mit IGA, SSO und PAM. IPG hat sich bewusst ein Ökosystem führender Hersteller geschaffen, von welchen jeder gewisse Merkmal und Vorteile bietet. So löst zum Beispiel IDABUS den abgekündigten Microsoft Identity Manager ab und schliesst eine Löcke, welche heute Entra ID nicht bietet. Die Auswahl sollte sich an Compliance-Anforderungen, Systemlandschaft und Zukunftsfähigkeit orientieren.
Ist RBAC noch zeitgemäß?
Role Based Access Control (RBAC) ist nach wie vor ein solides Modell, um Berechtigungen effizient und skalierbar zu verwalten. In dynamischen IT-Umgebungen kann es jedoch an Flexibilität fehlen. Ergänzend oder alternativ kommen KI-basierte Verfahren zum Einsatz, etwa zur dynamischen Rollenoptimierung, Anomalieerkennung oder Berechtigungsempfehlung auf Basis von Nutzungsverhalten. Weiter gibt es «IAM für KI», das heisst der Entscheid der Autorisierung wird zur Laufzeit kontextbasiert getroffen. Diese intelligente Unterstützung macht RBAC nicht obsolet, sondern zukunftsfähig.
Wie sieht ein modernes IAM aus?
Moderne IAM-Systeme setzen auf cloudfähige Architekturen, offene Schnittstellen (REST, SCIM), modulare Services und rollenbasierte Verwaltungslogik. Sie ermöglichen die Abbildung von hybriden Benutzerlandschaften (Mitarbeiter, Partner, B2B, Maschinen) und lassen sich flexibel in bestehende ISMS- und IT-Grundschutz-Strukturen integrieren. Ergänzt durch regelbasierte Automatisierung, Self-Service-Funktionen und kontinuierliches Monitoring wird IAM zur tragenden Säule digitaler Sicherheit.
IAM für KI
Ein Feld, das IAM zukünftig stark prägen wird, ist die Integration mit KI Systemen. Mit zunehmender Nutzung von KI-Systemen steigen auch die Anforderungen an deren Zugriffskontrolle. KI-Modelle greifen auf Trainingsdaten, Systemressourcen und Schnittstellen zu – teils hochsensibel. IAM muss in der Lage sein, diese Zugriffe nicht nur zu dokumentieren, sondern aktiv zu steuern. Besonders wichtig ist dabei die kontextbasierte Autorisierung: Zugriffsentscheidungen werden auf Basis von Faktoren wie Zeitpunkt, Quelle, Rolle, Risikobewertung oder Machine-ID getroffen. IAM-Lösungen übernehmen hier die Rolle eines adaptiven Schutzmechanismus – wie im Expertenbericht der IPG zu IAM und KI beschrieben.
Fazit: Die Zukunft von IAM
IAM entwickelt sich vom reinen Zugriffssystem zur zentralen Steuerinstanz für digitale Sicherheit und Governance. Regulatorische Vorgaben wie DORA, der Wunsch nach Automatisierung und die Dynamik von Digitalisierung und SaaS-Modellen erfordern agile, transparente und intelligente IAM-Systeme. Wer jetzt in moderne Lösungen investiert, schafft die Grundlage für Sicherheit, Effizienz und Vertrauen in einer zunehmend vernetzten Welt.